Schicksalsgemeinschaft Empfehlung

Die Aufführung der Friedensmesse von Karl Jenkins „The Armed Man“ am Volkstrauertag in der Stadtkirche Ellwangen hat keinen unberührt gelassen

Ein Jazzrocker, der sich als Komponist packender zeitgenössischer Musik einen Namen gemacht hat; ein Imam, der in einer evangelischen Kirche einen Gebetsruf anstimmt – und ein Aufführungsteam, das sich ohne Netz und doppelten Boden mit Herz und Lunge in Karl Jenkins „Mass for Peace“ stürzt. Kantor Reinhard Krämer und seine Akteure dürften sich selten zuvor so oft vor ihrem Publikum verbeugt haben, wie nach diesem Requiem. Diese gut einstündige  ungemein fesselnde Beschwörung des bewaffneten Mannes – sie hatte offensichtlich Gebende und Nehmende für kurze Zeit zu einer Schicksalsgemeinschaft im brüchigen Zeichen des Friedens zusammengeschweißt.

    Jugendchor und Kantorei, das „Ensemble variable“, die Mezzosopranistin Anina Batz, Imam Halil Gülsoy, die Flötistin Milena Roder, die Trompeter Rainer Hauf, Paul Lechner und Armin Schneider, die Schlagwerker Lukas Zeuner, Johann Schuster und Leo Speiser sowie Philipp Schmid an Klavier- und Orgeltasten haben diese erstmals hier aufgeführte Friedensmesse zu einem wirklich bewegenden Erlebnis gemacht.

   Jenkins hat die Textcollage aus dem frühen französischen Soldatenlied „L’homme armé“, dem islamischen Gebetsruf, Teilen der katholischen Messliturgie,  Bibelstellen, Gedichten und Liedern verschiedener Autoren und einem apokalyptischen Vers aus einem indischen Epos zu einem Tongemälde mit reichhaltigen Klangfarben verarbeitet. Mit Trommelschlag und Pfeiferklang zieht es in den Krieg und endet mit einem tröstenden Choral, der das zagende Herz in wärmsten Wohlklang hüllt.

      Dazwischen spektakuläre Tonmalerei. Dunkle Farben kontert Jenkins mit grellen Blitzen, sanfte elegische Sphärenklänge mit brachialen Einschlägen der Percussiongeschosse. Und den hymnischen Text des „Sanctus“ führt er mit von Marschrhythmus getragenem düsterem Duktus ad absurdum.

     Die grausige Beschreibung der atomaren Kriegstragödie von Hiroshima im Gedicht von Toge Sankichi gräbt Anina Batz mit ihrer lakonisch-monotonen Interpretation tief unter die Haut. Oder die in ihrer brüchigen Zartheit herzzerreißende Klage, in die Jenkins Guy Wilsons Poem „Nun, da die Waffen schweigen“ gekleidet hat.

    Man könnte noch über vieles andere schwärmen; wie über die Disziplin, die in der Präzision zum Tragen kommt, mit der selbst in Klanggewittern die Strukturen noch durchscheinen. Kantor Reinhard Krämer hat ganze Arbeit geleistet. Als Dirigent hatte er zwar alle Hände voll zu tun, aber mit klarer Gestik alles fest im Griff.     John Wolf

  

               

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