Prickelnde musikalische Reise Empfehlung
- geschrieben von -uss
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Wenn der geniale Geiger Daniel Hope am Werk ist, muss man, darf man mit genialen Geigern rechnen. Wie beim Konzert am Sonntag in der nahezu voll besetzten Abteikirche Neresheim.
Er hat deutlich ältere Kollegen mitgebracht, wie der Titel der Aufführung signalisiert: „AIR - a baroque Journey“. Eine Wohlfühlreise in vergangene Zeiten. Reiseleiter Hope, der seit 2020 Präsident des Bonner Beethovenhauses ist, hat so kundig wie launig Kompositionen und deren Schöpfer in die historischen Zusammenhänge eingeordnet.
Diego Ortiz als ältester Vertreter (1510 -1570) noch in der späten Renaissance angesiedelt, zieht in Gestalt des Percussion-Meisters Michael Metzler mit Trommelschlag in die Kirche ein. Die übrigen Mitglieder des Ensembles gesellen sich hinzu. Das sind neben dem Stargeiger sein nicht minder versierter Kollege Simon Papanas. Seine Kompositionen werden weltweit aufgeführt. Seit über 20 Jahren ist er Konzertmeister des Thessaloniki State Symphony Orchestra. Nicola Mosca spielt neben dem Cello auch Harfe. Der mit diversen Preisen ausgezeichnete Virtuose ist seit 2001 als Solocellist im Zürcher Kammerorchester tätig, Der Lautist Emanuele Forni hat auch Gitarre und Jazz studiert. Er ist sowohl mit klassischen als auch mit zeitgenössischen Werken weltweit unterwegs. Markellos Chryssicos am Cembalo gilt als einer der erfahrensten Barockmusiker Griechenlands. Als Dirigent gastiert er an renommierten Häusern. Alles also herausragende gefragte Solisten.
Hier stellen sie ihr überragendes Können in den Dienst der Mannschaft. Diese interpretiert mit Verve Händels „Sarabande“, die mit dazu beigetragen hat, „dass er ein Superstar wurde“ (Hope). Andrea Falconieri (1585/6 - 1656) ist mit drei Werken vertreten. Er hat die Geige „zum Singen gebracht“. Und wie! Das demonstrieren Hope und Papanas voll gesanglicher Anmut im Duett. Der zu seiner Zeit berühmte Violinist Johann Paul von Westhoff (1656 - 1705) ist mit zwei possierlichen Imitationen, darunter eine Glocke, vertreten.
Ein kleines musikalisches Schmankerl mit Michael Metzler und Emanuele Forni.
Der Italiener Nicola Matteis (1650 - nach 1713) genießt den Ruf, wegen seines Tempos ein „Teufelsgeiger“ zu sein. Entsprechend lebhaft, um nicht zu sagen atemberaubend, erklingt seine „Ciaconna“. Ohne Zweifel zu den Höhepunkten des Konzerts zählt Antonio Vivaldis Opus 1, eine Sonate für zwei Violinen. Die beiden Supergeiger machen daraus Pop à la Barock, ganz flott und mit andanter Schwelgerei im Wohlklang. Das Traditional „Greensleeves“ interpretiert das Ensemble in einer klassisch-orchestralen Fassung.
In Jean-Marie Leclairs (1697 - 1764) „Le Tambourin“ wird deutlich, weshalb Michael Metzler den Beinamen „Magic Fingers“ hat. Kein Wunder, dass er in den letzten Jahren an den größten Bühnen und Konzerthäusern Europas zu erleben gewewen ist. Die „Aria Sopra la Bergamasca“ von Marco Uccelini (1603 -1680) gibt den Musici Gelegenheit, ihre Instrumente durchzuwechseln „damit bloß keine Langeweile aufkommt.“
Wo „AIR“ im Programm steht, darf Bachs „Hit“ als wunderschöne Zugabe nicht fehlen. Weshalb sich das Publikum beseelt und beglückt auf den Heimweg macht.
Info: Das Adventskonzert am Samstag, 30, November, mit der Gaechinger Cantorey der Bachakademie und der Royal Academy of Music, London, Orgel, schließt die Saison ab. Tickets unter reservix.de
Wolfgang Nußbaumer
(30.09.2024)