Wenn der Silbermond aufgeht Empfehlung
- geschrieben von -uss
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Wenn der Silbermond im Schloss Kapfenburg aufgeht und die Melodiensterne prachtvoll funkeln, ist ein Sommernachtstraum wahr geworden.
Nach dem Konzert von Stefanie Kloss und ihrer Band am Sonntag ist auch der Auftritt am Montag ausverkauft.Wie schon am Tag zuvor kann sich die charismatische Powerfrau an einem textsicheren Massenchor wärmen, in dem die Frauenstimmen dominieren. Der Aufforderung „Auf, auf“ hätte es da gar nicht bedurft.
Der alte Hase Rainer Koczwara von der Konzertagentur IMK in Schwäbisch Gmünd hat in 45 Jahren schon viele Konzerte erlebt. Aber „Silbermond“, meint er, „ist ganz oben“ - und seine Rechte zeigt nach oben in den blauen Himmel über dem Schloss. Dort führen noch die Schwalben ihre Flugakrobatik auf, während auf der großen Bühne „Maël & Jonas“ Gas geben. Wem es bei dem Hochgeschwindigkeitsrock der fünf Musiker nicht warm wird, der friert vermutlich selbst in der Sahara. Der massige Maël macht flummimäßig schon mal vor, was nach ihm die Frontfrau des Topacts zeigen wird. Dazu noch singend.
Die 39 Jahre junge Stefanie Kloss ist wahrlich in bester Kondition. Deshalb braucht es keinen großen Bühnenzauber. Sie ist der Zauber. Allerdings von einem wahren Feuerwerk an Scheinwerfern, deren Lichtgarben über die Köpfe der seligen Fans zucken, wirkungsvoll in Szene gesetzt. Klanggarben feuert auch die Band ab. Gleich zu Beginn wuchtet sie das „Kleid aus Hoffnung“ in die Ohren. „Du siehst so verdammt gut aus“ singt sie mit einer Stimme, in der sich Rockröhre und Elfe treffen. Zwei Tage an einem Ort zu sein, mal an einem Abend nach dem Konzert mit der Band zusammensitzen und ein Bier trinken - sie schwärmt im Plauderton richtig von diesem Abstecher auf das Schloss. Mal nicht schon wieder im fahrenden Bus schlafen zu müssen. Immer unterwegs zu sein.
Ja, diese Frau ist richtig nahbar. Gibt ihren Fans glaubwürdig zu verstehen, eine von ihnen zu sein. Deren Erfahrungen zu teilen, die Sorgen und Nöte, aber auch die Glücksmomente, die Freude guter Begegnungen. Zwar liefert die Band kein „Best-of“ ab, ein kurzer Blick in die Anfänge gehört indes dazu. Einst unterwegs auf der „B 96“, erinnert sie sich: „Und die Welt steht still hier im Hinterland“. Vor 20 Jahren ist ihre erste Platte erschienen, 2004. Zu dieser Zeit war eine andere Gruppe mit ähnlichem Strickmuster gut im Geschäft. AnNa R. und Peter Plate, zusammen „Rosenstolz“. Ihren Durchbruch hatten sie mit der Single „Liebe ist alles“ und dem Album „Herz“. Ihr Lied „Ich bin ich“ könnte gut ins Songbook von „Silbermond“ passen, zumal sich auch die Inhalte der Titel ähneln. Aber das nur am Rande.
Ein Star und seine Fans. Gänsehautfeeling auf Schloss Kapfenburg.
Stefanie Kloss reist, was die Qualität ihrer Songs betrifft, nicht „mit leichtem Gepäck“. „Meer Sein“ ist so ein gesellschaftlicher Appell, alles andere als ein Liebeslied. „Lasst uns das was wir zu sagen haben sagen Lasst uns nicht schweigen, wenn wir was nicht mehr ertragen“, singt sie fast beschwörend. „Wir sollten viel mehr sein“ - okay, doch die, die da sind, reichen bei weitem aus für ihr „Crowdsurfing“. Über die hochgereckten Arme der Fans schiebt sie sich zu einem Podest mitten unter ihnen. „Zusammen Abschied“, stimmt sie nur von dem Mann am Keyboard begleitet an. Wieder so ein Lied mitten aus dem ungeschönten Leben. Das schweißt zusammen.
Die beiden Gitarristen und der Schlagzeuger haben sich inzwischen für die „Krieger des Lichts“ zu ihr gesellt. Ein Treffen auf engstem Raum für weite Musik. Singen muss sie jetzt eigentlich nicht mehr; den Part hat schon längst die Arme schwingend das Publikum übernommen. Wohlig legt sich Gänsehaut in die heraufdämmernde Nacht.
Zuvor schon hat sie den frühen Hit „Symphonie“ im Breitwandsound intoniert und die traurige „Sophie“ von der neuen Scheibe „Auf Auf“ eindringlich zu Wort kommen lassen. Zurück auf der Bühne verkündet sie: „So fühlen wir uns jetzt“. Kein großer Unterschied zum Ausflug in die Vergangenheit. Stefanie Kloss war mit knapp 20 schon eine starke Frau.
Jetzt rockt sie unwiderstehlich „Nie wieder schlafen“. Und die paar Tausend vor ihr dürften sich in dieser Zeile einig sein: „Ich will nichts von dir verpassen“. Denn irgendwann geht selbst der schönste Sommerabend unterm Sternenhimmel zu Ende. Spätestens, als „Silbermond“ einen ganz hellen Fixstern strahlen lässt. „Das Beste“. Welch ein Friede herrscht in der ehemaligen Deutschordensfeste. Paare küssen sich, wildfremde Menschen schließen sich in die Arme, reines Glück in den Augen. Ein Sommernachtstraum geht zu Ende. Und Stefanie Kloss war der Puck, der die Sinne so glücklich verwirrt hat.
Wolfgang Nußbaumer
(24.07.2024)