Stürmische Klänge in der Elbphilharmonie

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Truls Mørk nimmt den hoch verdienten Beifall entgegen. Truls Mørk nimmt den hoch verdienten Beifall entgegen. Foto: -uss

Zwei romantische Russen und ein Franzose, der sich jeder musikgeschichtlichen Einordnung entzieht.

   Das „Oslo Philharmonic“ hat unter seinem jungen Dirigenten Klaus Mäkelä Tschaikowsky, Rimski-Korsakow und Henri Dutilleux in der Elbphilharmonie Hamburg mit tänzerischem Esprit souverän auf den Punkt gebracht.

   In Nikolai Rimski-Korsakows „Scheherazade“ besänftigt die erzählende Prinzessin den düsteren Sultan mal im Dreivierteltakt. Ansonsten geht’s hamburgisch stürmisch zu. Expressis verbis in Piotr I. Tschaikowskys Sinfonischer Fantasie „Der Sturm“, für die Shakespeare Pate stand. Wie ein Torero mit dem Stier nimmt es Klaus Mäkelä mit dem Sturm auf, den er in diesem Fall indes selbst entfesselt. Mit seinem Ganzkörperdirigat peitscht er sein famoses Orchester nach vorne. Man spürt förmlich die Gischt sprühen. Und hört im klaren Klang dieses riesige Saales jeden Klangtropfen, um im Bilde zu bleiben. Ganz selbstverständlich entfalten sich die dynamischen Momente; ein Genuss die an Wagnersches Pathos erinnernden emotionalen Zuspitzungen.

   Nach diesem romantischen Feuerwerk servieren Mäkelä und sein Orchester für die Ohren deutlich schwierigere Kost. Der 2013 verstorbene Franzose Henri Dutilleux hat mit seinem perkussiv grundierten Konzert für Violoncello und Orchester „Tout un monde lointain…“ (Eine ganze entlegene Welt) eine komplexe Partitur notiert. Allerdings vertont er nicht Baudelaires Lyrik, sondern lässt sich von ihr emotional inspirieren. Truls Mørk lässt sein Cello zu Beginn eher sprechen, denn singen; zupft und streicht es dann in der Kommunikation mit dem hauchzarten Streicherchor. Dutilleuxs Annäherung an die Atonalität verlangt in den nahtlos ineinander übergehenden fünf Sätzen absolute Perfektion. Sie steht bei dem norwegischen Celloprofessor außer Frage. Auswendig interpretiert er das komplizierte Werk in völligem Einklang mit dem Orchester. Für den Beifallssturm bedankt er sich mit einer kurzen Zugabe.

   Auf seiner Klangfarbenpalette hat sich Nikolai Rimski-Korsakow für vier Episoden eine herrlich bunte Bilderzählung zusammengemischt, in der sich die Gegensätze von dunkeldrohend und hellzugewandt auf einander zu bewegen. Der Machismo des Sultans im Klang der Kontrabässe und des tiefen Blechs, und die Anmut Scheherazades in der himmlischen Kantilene von Konzertmeisterin Elise Båtnes. Deren Zwiesprache mit der Harfenistin Birgitte Volan Håvik bereichert als weiterer Farbtupfer das musikalische Geschehen. Hin und her geht es, auf und ab, in Schwung gehalten von Klaus Mäkeläs begeisterndem Dirigat. Bis zum letzten Sturmestoben. Ihm folgt der Applausorkan des hingerissenen Publikums. 

Wolfgang Nußbaumer  

(03.02.24)                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                       

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