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Giesbrechts "Klavier.Solo."

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Sie wollten ihn  einfach nicht ziehen lassen, obwohl  Robin Giesbrecht gerade zwei Stunden lang konzertiert hatte.

Der in Lübeck geborene Musiker widmete sich im Fürstensaal von Schloss Kapfenburg Schubert, Debussy, Beethoven und Liszt. Einer Musik, der gerne "Verweile doch, du klingst so schön" attestiert werden darf. Aber irgendwann muss schließlich selbst das charmanteste Konzert zu Ende gehen.


Giesbrechts "Klavier.Solo."-Abend war Auftakt zur diesjährigen Acceleranto-Reihe, zu der Musikfreunde regelmäßig in das alte Deutsch-Ordens-Schloss pilgern. Den 22jährigen muss man nicht kennen. Noch nicht! Aber man sollte sich seinen Namen merken, steht er doch am Beginn einer vielversprechenden Karriere. Bereits mit sieben Jahren gewann er den internationalen Grotrian-Steinweg-Wettbewerb, mit acht besuchte er erstmals eine Meisterklasse  an der Hochschule für Musik in Hannover. Und danach: "Giesbrecht sammelte Preise wie andere Kinder Facebooklikes", steht in seiner Vita, in der auch zu lesen ist, dass ihn ein Vladimir Horrowitz-Stipendium an die New Yorker Juillard School führte, die er mit dem Bachelor of Music abschloss. Derzeit macht er seinen Master an der University of Yale. Übrigens wurde Robin Giesbrecht in den erlauchten Kreis der Steinway-Artists aufgenommen, zu dem auch Arthur Rubinstein und Lang Lang gehören.


Zurück zum Konzert. Giesbrecht erzählt vorab gerne, was er spielt. Und warum. Dabei tänzelt er sichtlich nervös hin und her, sitzt er jedoch am Flügel, wird er ruhig. Konzentriert sich. Schuberts "a-Moll Sonate D 784" von 1822 hat er sich vorgenommen. Ein musikalisches Unikum, steht sie doch in der Wechselzeit zwischen seinem klassizistischen Frühstil und den späteren romantischen Meisterwerken der Jahre 1824-28.

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Behutsam streicht der Pianist über die Tasten, beugt sich leicht nach vorne. Die linke Hand hebt sich, die rechte holt weit aus. Giesbrecht setzt zu fließendem Spiel an, Sekundenpausen markieren kleine Zäsuren. Zögernd setzt sich die Melodie fort, verfällt unerwartet dem Mezzoforte. Nun greift Giesbrecht heftig in die Tasten, tritt regelrecht die Pedale, gestaltet Dynamik und Ausdruck. Welch Gegensatz zum vorhergehenden Sehnsuchts-Andante. Und welch ein Unterschied zu Claude Debussys impressionistischem Trio, dem venezianisch anmutenden "Masques", der "D´un cahier désquisses" sowie "L´ Isle joyeuse", dem Hohelied auf die Liebe, wie Giesbrecht dieses musikalische Stimmungsgemälde umschreibt.


Nach der Pause steht die zweite Sonate von Beethoven auf dem Programm, ein Stück, das dieser mit 25 Jahren in Verehrung Haydns mit Mozartschen Anleihen komponierte. Entsprechend luftig und leicht geht Griesbrecht die vier Sätze an, nicht übereilt, um der Melodie Zeit zum (Nach-)Klingen zu lassen. Insbesondere beim "Largo appassionato" überlagern sich Sphären, erzeugen wechselnde Stimmungen suggestive Bilder, die speziell durch die Wendungen vom Fortissimo im Mittelteil des Satzes zum Pianissimo am Ende noch verstärkt werden. 

 
Bei allen sich voneinander unterscheidenden Kompositionen offenbart Griesbrecht eine charakteristische Spielweise, eine über rein technische Virtuosität hinausgehende Fähigkeit,  Intensität und musikalische Tiefe zu erahnen. Die Voraussetzung, um nicht beliebiger Oberflächlichkeit zu verfallen. Dementsprechend wird er jeder einzelnen Komposition gerecht, nicht zuletzt, da er sich darauf versteht, zu deren Wesen vorzudringen, ihre insgeheime Intention mit Raffinement ans Licht zu bringen. Beredtes Beispiel, Franz Liszts drei Charakterstücke aus "Venezia e Napoli".

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Romantischer Auftakt umschreibt die Musik zunächst die Gondelfahrt eines jungen Pärchens ("Gondoliera"), folgt dann einer "Canzone", die sich auf Dantes "Divina comedia" bezieht: "Nessun maggior dolore / che ricordarsi del tempo felice / ne la miseria - Kein größerer Schmerz als sich erinnern glücklich heiterer Zeit im Unglück”. So muss es wohl sein, was schnurstracks zum unglücklichen Schubert zurückführt. Seine eingangs erklungene a-Moll Sonate schrieb er im Wissen um den nahenden Tod. "Wollte ich Liebe singen, ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich wieder Schmerz nur singen, ward er mir zur Liebe", schrieb er 1822, im Jahr als die Sonate entstand. 

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