Starker Auftritt Empfehlung

Antonio Lallo gibt den Reformator als Menschen aus Fleisch und Blut. Antonio Lallo gibt den Reformator als Menschen aus Fleisch und Blut. Foto: WLB Esslingen

Es ist ein Parforceritt durch Luthers Leben, den die Württembergische Landesbühne Esslingen im Gmünder Stadtgarten aufgeführt hat.

41 Jahre aus dem Leben des großen Reformators, der im Reformationsjahr 2017 das große Thema von Ausstellungen und auf der Bühne ist. Bewusst lässt Jörg Ehni, der „Luther“ extra für die Landesbühne geschrieben hat, das Stück bereits mit seinem Erweckungserlebnis 1505 beginnen: Der junge Martin kommt in ein schlimmes Gewitter, worauf er sich, sehr zum Leidwesen seines Vaters, entschließt, Mönch zu werden.

Im Sommer präsentierte Regisseur Marcel Keller „Luther“ als Freilicht-Inszenierung auf dem Kesslerplatz vor altehrwürdigen Mauern. Diese Kulisse fehlt im Stadtgarten, wo das Spektakel mit Feuer, Blitz und Rauch etwas gebändigt wirkt. Das Bühnenbild besteht aus Leitern, die ein passendes Sinnbild dafür sind, wie Luther um den rechten Glauben ringt. Das Stück schreitet die großen Ereignisse ab: Erweckungserlebnis, Thesenanschlag in Wittenberg, die fingierte Gefangennahme und Aufenthalt auf der Wartburg, wo Luther innerhalb von wenigen Wochen das Neue Testament übersetzt und seine Unterredung mit Kardinal Cajetan, der ihn auffordert, seine 95 Thesen über den Ablass zu widerrufen, was dieser nicht kann.

Luther wird als großer Kirchenreformer gezeigt, aber immer auch als tragische Figur. Dies kulminiert im Schlussakt, seiner Todesstunde: Ein Blick in die Zukunft zeigt den Dreißigjährigen Krieg heraufziehen – „dein Werk“, sagt die richtende Stimme, „dein christliches Abendland“. Von fern scheint auch die Luther-Verehrung der Nazis in den Blick zu kommen.

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Stark ist die Inszenierung in Szenen wie dem Ablassspektakel gleich zu Beginn. Sie macht überdeutlich, wie groß der historische Abstand zu Luther ist. Dies betont auch Chefdramaturg Marcus Grube in seiner informativen Einführung: „Seine Welt und seine Weltbilder sind uns fremd“. Dem Theater gelingt es, dank der schauspielerischen Leistung, diese Kluft für die Dauer des Spiels zu überwinden.

Einen starken Auftritt hat Antonio Lallo als Luther. Wenn er mit seinen Mitstreitern wie Melanchthon und Bugenhagen das lukrative Ablassgeschäft und seine selbstherrliche Rechtfertigung nachäfft und dadurch entlarvt, ist dies eine eine interessante Reflexionsebene. Auch die Figur des Teufels (Martin Theuer), mit deren Existenz sich Luther schwer herumschlagen muss, ist ein interessanter Kunstgriff, mit dem die inneren Anfechtungen Luthers personifiziert werden. Nach dem gut zwei Stunden dauernden Stück ernteten die 14 Schauspieler in ihren rund 20 Rollen viel verdienten Applaus. 

Birgit Markert

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