Die Stimmen des Nordens Empfehlung

Die Stimmen des Nordens

Diese sechs jungen Menschen aus dem Baltikum haben einen ausgeprägten Sinn für Untertreibung.

Sie behaupten, ihr „Mixtet“ sänge Ethno-Pop. Von wegen. Die drei Frauen und drei Männer singen irrwitzig jazzig arrangierte Lieder und Instrumentalstücke von Australien über die USA bis – natürlich – Estland. Makellos ernsthaft und mit zündendem Esprit.

    Laura Junson, Kaisa Lillepuu, Maria Gertsjak, Kristjan Ilumäe, Teet Kaur und Veljo Poom entzücken ihr EKM-Publikum in der voll besetzten Augustinuskirche durchweg eigenen Arrangements atemberaubender Vokal-Kultur und einer herzerfrischenden Natürlichkeit. Als ebenso qualitätsbewusste wie innovationsfreudige Lieferanten dienen ihnen unter anderem ihre Landsleute Olav Ehala, Kaarel Kusk, Anders Edenroth und Cyrillus Kreek. Vor dieser bis ins letzte Nervenende prickelnden musikalischen Charmeoffensive aus dem für uns hohen Norden geht man einfach in die Knie.

     Jetzt sollte doch mal der unbestechliche Kritiker zu Wort kommen. Der ist leider völlig korrumpiert und fassungslos durch eine ihm in dieser Weise – ungelogen – von einem Vokalensemble noch nie gewährte Hörerfahrung. Dieses Sextett schreibt die hohe Kunst des mit zahlreichen Grammys ausgezeichneten Quartetts „The Manhatten Transfer“ auf  Augenhöhe fort.

    Wie diese besten Esten kompositorisch vertrackte Titel des US-amerikanischen Jazzsängers Kurt Elling (The uncertainty of an poet - die Unsicherheit eines Dichters); des stilprägenden großen Hard Bop-Pianisten Horace Silver (Doodlin’ – Herumtreiben); des Big Band-Gurus Count Basie (Splanky, hinreißend swingend, jonglieren sie scatend mit Noten und Harmonien, dass einem die Spucke weg bleibt) oder des australischen Liedermachers Matt Corby (Brother, und nochmals als programmatische Zugabe) mit dem hochgewachsenen Bassisten und Beatboxer Veljo Poom als rhythmischem Rückgrat interpretieren, reißt einen von der Kirchenbank. Ihre komplexe Stimmartistik reflektiert die Lieder mit und ohne Worte in ihrem Wesen.  

     Einige exquisite Stücke haben sie selbst komponiert und betextet. Vorneweg die in Timbre und Ausdruck grandiose Altistin Maria Gertsjak; sie hat für das Festival eigens ein Lied geschrieben: „Lift me up“ (Heb mich hoch).

      Schwärmen könnten wir noch vom tierisch guten „Lied vom Schaf“, vom Summen und Brummen der „Kleinen Hummel“, vom lyrisch zarten „Vertrautheit“ und und und unbedingt von der abschließenden Paul Gerhardt-Vertonung „Wach auf mein Herz“. Mit ihrer schlichten, ergreifenden, reifen Schönheit betten diese begnadeten Stimmen das Gemüt in Geborgenheit, wie nur die Musik es kann.

Wolfgang Nußbaumer      

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