Verse und Degen blitzen Empfehlung

Cyrano de Bergerac (Helmut Klozbücher) erscheint auf der Bühne - und bringt das dort erwartungsvoll versammelte Theaterpublikum um sein Vergnügen; was denen vor der Bühne gut gefällt. Cyrano de Bergerac (Helmut Klozbücher) erscheint auf der Bühne - und bringt das dort erwartungsvoll versammelte Theaterpublikum um sein Vergnügen; was denen vor der Bühne gut gefällt. Fotos: Peter Hageneder

Im Schwäbischen gab’s mal die Bezeichnung „Pötäterle“ für eine Sache oder einen Gegenstand, über deren Funktionieren man sich nicht sicher sein konnte. Sie ist eine Verballhornung des französischen „peut-être“ (vielleicht).

Der „Cyrano de Bergerac“, den die Schauspielerin, Regisseurin und Autorin Gerburg Maria Müller mit der hinreißend aufspielenden Truppe des Kulturvereins Schloss Laubach vor dem „Eiskeller“ in Abtsgmünd-Hohenstadt auf die Bühne bringt, ist kein „Pötäterle“. Diese Inszenierung passt. In jeder Beziehung. 

   Vielleicht mag sie mit rund drei Stunden Dauer etwas zu lang geraten sein. Vielleicht aber auch nicht. Denn als der bravouröse Cyrano des Helmut Klozbücher dergestalt bewegend sein tapferes, romantisches Leben aushaucht, dass man im Publikum einige Frauenaugen feucht glitzern sieht, möchte man keine Sekunde gemisst haben.

   Zwischen dem Labyrinth des prächtigen Heckengartens und einer scheinbar endlosen Viehweide, auf der behaglich die Rinder grasen, geht ein Mantel-und-Degen-Stück über die von dem Kunsterzieher und Künstler Georg Heller mit der ihm eigenen verschlüsselten Formensprache kongenial gestaltete Bühne, das keine Wünsche offen und kein Auge trocken lässt – vor Lachen und Weinen. Cyranos Liebesverse und die Degenklingen blitzen um die Wette. Mehr kann man nicht verlangen.

   Was die erfahrene Theaterhäsin Gerburg Maria Müller aus ihrer Laienspielschar herauskitzelt, macht einen fassungslos. Natürlich spricht da en gros eine schwäbische Zunge, was en Detail den Sympathiewert noch steigert. Bei dieser inneren Nähe zu La France. Dessen barocken höfischen Geist verkörpert Kai Forster als Graf Guiche mit vielen Zwischentönen. Ein machtbewusster Zyniker, der zum Respekt in der Lage ist.

Das höfische Publikum ist "not amused" über Cyranos Auftritt. 

 

   So einen braucht es auch als Gegenspieler des stolzen Haudraufs und Verseschmieds mit dem Riesenzinken, Cyrano de Bergerac. Helmut Klozbücher läuft zur Hochform auf. In seinem beredten Spiel verschmelzen Poesie und bittere Prosa des Lebens. Bis ihm ein hinterhältiger Meuchelmörder einen Holzstamm auf den Kopf wirft. Zuvor glänzen Wortwitz, Männerfreundschaft und große Liebe, pralles Treiben im Zeichen leckerer Törtchen (aus der Konditorei der von Pia Leis verkörperten liebenswerten Ulknudel Ragueneau), mit einem gehörigen Schuss Ironie unterfüttertes höfisches Procedere – und die Intrige.

   Wie Cyrano den blendend aussehenden Stockfisch Christian (Benedikt Kübler) wider eigenen Willen mit dem hochwirksamen Aphrodisiakum seiner galanten Verse an seine geliebte Cousine, die schöne und kluge Roxane verkuppelt, erlebt man als kapriziöses Kammerspiel. Silke Scherner gibt diese wortverliebte und vom Grafen Guiche ebenfalls heiß begehrte Dame mit angemessen hochnäsigem Charme und einer gepflegte Prise Erotik. Als trauernde Witwe im Kloster der Franziskanerinnen rührt sie ans Herz. Da vermag auch der temperamentvoll verspielte „Sister Act“ der Nönnchen sie kaum aufzuheitern. Wo sie sich doch alle Mühe geben, mit Möhre, Hacke, Besen und Kehrichtschaufel bewaffnet, den Siegeszug der verwegenen Gascogner Kadetten mit Cyrano und Christian an der Spitze in Szene zu setzen. Ohne daraus eine Knallcharge zum Schenkelklopfen zu machen.

   Für die trefflich untermalende Musik hat Hannes Opferkuch gesorgt – und für das Rundumwohlfühlpaket hinter der Bühne und den Theken viele andere. Alle Nichtgenannten, die an diesem großen Wurf beteiligt sind, schließen wir in ein von Herzen kommendes „Bravo!!“ ein. 

Info: Weitere Aufführungen sind am 14./21./28./ Juli um 20.30 Uhr sowie am 16./23./29. Juli um 19 Uhr.

Kartenvorverkauf in Abtsgmünd bei Frey – Büro, Foto, Geschenke, Rathausplatz 2; in Aalen bei aktiv reisen, Gartenstraße 9; in Schwäbisch Gmünd in der Buchhandlung Schmidt, Ledergasse 2

    

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