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Wiener Schmäh begeistert die Ostalb

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Was waren das musikalisch gesehen für schöne Zeiten.

Als regelmäßig das ungarische Nationaltheater Szeged in der Aalener Stadthalle gastierte und Maestro László Molnár mit Schmelz und Pathos und natürlich mit dem passenden K&K-Timbre, so überaus schön beschwingte Lieder über Liebe, Liebe und nochmals Liebe anstimmen ließ.

Die Operette war sein Metier: Franz Lehar, Emmerich Kalman, Ralf Benatzky und unverzichtbar Johann Strauss. Doch von wegen unvergängliche Melodien! 2003 war Schluss, denn immer weniger Zuhörer wollten etwas von der "blauen Donau", dem "Weißen Rössel" und von der "Christel von der Post" wissen.


Die Operette gehört der Vergangenheit an, längst hat sie sich als kleine Schwester der großen Oper überlebt, im Musical den zeitgemäßen Nachfolger gefunden. Doch plötzlich vor drei Jahren tauchte fast wie aus dem Nichts die "Johann-Strauß-Operette Wien" auf. Ein fröhlich agierendes Ensemble, dessen künstlerische Leiterin Evelyn Lennert Wert auf möglichst originalgetreue Wiedergabe einstiger Operettenherrlichkeit legt. Eine Offerte, die gut ankommt, nicht zuletzt da das opulente Spiel um Liebe, Lügen und Verwechslungen nach wie vor aktuell ist.


Nach "Vogelhändler" und "Fledermaus" durften heuer die Gäste der Johann-Strauß-Oper erneut dem Wiener Schmäh und beschwingter Musik frönen, stand doch in der Stadthalle die komische Operette  „Wiener Blut" auf dem Programm. Eine unterhaltsamer Abend, nicht zuletzt der prächtigen Kostüme und dem traditionell gehaltenen Bühnenbild wegen. Und wie wenn dies nicht schon genug gewesen wäre, gesellten sich noch treffliche Gesangssolisten und ein waschechtes Life-Orchester (Dirigentin Petra Giacalone) hinzu.


Neben dem „Zigeunerbaron“ und der „Fledermaus“ gehört "Wiener Blut"  zu Straussens ganz großen Werken. Allerlei Hochwohlgeborene werden in gewohnter Manier durch den Kakao gezogen, übrigens vor dem historischen Hintergrund des Wiener Kongresses.  Im Mittelpunkt steht die frivole Geschichte um Graf Balduin Zedlau (Giorgio Valenta), der seit kurzem mit der Komtesse Gabriele (Isabella Kuess) verheiratet ist.  Er strotzt vor spießiger Langeweile, sie vor lauter Lebenslust. Das kann nicht gut gehen. Überraschenderweise entwickelt sich jedoch der verlassene Graf zum Lebemann, der eine Affäre mit der hübschen Franzi (Angela Wandraschek) beginnt und auch noch ein Auge auf Probiermamsell Pepi (Anita Tauber) wirft. Auftakt zu einem prächtigen Verwirr- und Verwechselspiel, in dem sich selbst Premierminister Fürst Ypsheim-Gindelbach (Dieter Kschwendt-Michel) verfängt. Beim Heurigen findet die ausufernde Liebelei ihren Höhepunkt, der zugleich glücklicher Anfang vom Ende aller Beziehungskrisen ist. Graf und Gräfin finden wieder zueinander, der Premierminister Gefallen an Franzi und Pepi liegt in den Armen von Kammerdiener Josef (Michael Weiland). Und was war nochmals der Anlass zur ausschweifenden Liebesscharade? Richtig, das viel zitierte, weil wild pulsierende „Wiener Blut“.


Nahezu 500 Zuschauer wollten sich diesen kurzweiligen Johann-Strauss-Melodienreigen nicht entgehen lassen. Unter der Regie von Charlotte Leitner tanzten und sangen auffallend spielfreudige Akteure auf der Bühne, wobei besonders die Solisten Isabella Kuess, Angela Wandraschek, Dieter Kschwendt-Michel und Giorgio Valent viel Beifall erhielten. Gemeinsam mit ihren Sangeskollegen machten sie eine hervorragende Figur, vor allem bei jenen (einst) populären Liedern, die das Publikum heute noch gerne hört. Allen voran: "Wiehner Bluut, Wiehner Bluut", schuh-schu-schuuh, schu-schu-schuuh, schu-schu-schuuh. Nicht zu vergessen der "Kaiser Franz Joseph I. Marsch", zu dem Hannes Prugger (als Kagler, Franzis Vater) sang: "I bin der fesche Kagler, a echtes Weanerkind". Ein Liedtext von Evelyn Lennert, der insbesondere in der zweiten und dritten Strophe zeitlose Aktualität bietet. "Lang hab´n wir schon den Euro, der is fast gar nix wert, … I rat euch nur das eine: spart´s  nur net allzuviel, am besten all´s verprassen, das hat wenig´st a Sinn!" Darauf gibt es ein "Holloderi, hollodero, des Leben is halt so." Das kommt den Zuhörern mindestens genauso bekannt vor wie die nachfolgende Zeile: "Ja, unsere Politiker, die sind doch alle gleich, … fgleichüll´n sich die die Bäuch´ von uns´rem sauer verdienten Geld und mach´n auf uns´re Kosten Reisen um die Welt." Im Nachfolgenden wird das Lied noch deutlicher. Da sage noch einer, Operetten seien fad.


Dem wenigen Hochdeutschen steht übrigens das Weanerische gegenüber. Glücklicherweise lieferte die Johann-Strauß-Operette Wien eine wienerisch-deutsche Handreichung, sodass jeder weiß, was "a Billedoutscherl" (Liebesbrief), "Lorgnetterl" (Lesehilfe) und "a Trutscherl" (einfältige weibliche Person) ist. Eine aufmerksame Geste, wird doch das Publikum zum guten Operettenende "charmant und a bißl goschert, wie halt Weaner sind" auf den nächsten Johann-Strauss-Hit in einem Jahr (4.2.2017) verwiesen. Dann beehrt "Der Bettelstudent" die Aalener Operettenfreunde.

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