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Zwei Inszenierungen vom Theater der Stadt Aalen

Foto: Theater/Marcel Diemer Foto: Theater/Marcel Diemer

"Wiederaufnahme" steht unter gleich zwei Februar-Inszenierungen beim Theater der Stadt Aalen: Nick Hornbys "Nipple Jesus"  und  Georg Büchners "Dantons Tod".

Schauspieler Bernd Tauber spielt Nick Hornbys "Nipple Jesus".
Kunstfreunde aufgepasst: Diese Kunstbetrachtung ist eine Satire! Theaterintendant Tonio Kleinknecht hat in seiner ersten Aalener Inszenierung mit Nick Hornbys "Nipple Jesus" den Kunstbetrieb ins Visier genommen. Bei der Premiere 2013 sinnigerweise in den Ausstellungsräumen des Kunstvereins. Inmitten der Bilder von Oskar Stark und Rolf Wagner steht ein Podest, darauf ein Stuhl. Sichtlich ermattet verrichtet hier Museumswärter Dave seinen Job. Er hütet Kunstwerke. Insbesondere den " Nipple Jesus", den gekreuzigten Christus, der sich bei genauerer Betrachtung als Collage aus Pornobildern entpuppt, und so für Proteste sorgt. Keinen geringeren als Bernd Tauber konnte Kleinknecht für diese Rolle gewinnen. Der Schauspieler porträtiert einen Kunstbanausen, der unverkrampft auf das Leben, seine Mitmenschen und die Kunst blickt. Die Banalität seiner Kunstbetrachtung entwickelt sich zusehends zu einer unterschwellig komödiantischen Lehrstunde. Besonders vergnüglich: Tauber spielt seinen Dave mit legerer Leichtigkeit, balanciert wunderbar lebendig mit zeitgeistiger Kunstkritik. Überaus humorvoll skizziert er all jene Szenen, die sich sicherlich so oder ähnlich in Museen und Kunstgalerien abspielen könnten.


Kleinknechts "Nipple Jesus" zeigt Theater pur. Text und Schauspieler sind eins. Die Voraussetzung für Taubers in sich stimmig gespielte Rolle des Wächters über die Kunst, dem zufällig diese Aufgabe in den Schoß fiel. Er scheint der Wirklichkeit entsprungen, sein profaner Blick entlarvt den Kunstbetrieb. Dem Kunstgeschwafel reißt Dave die Maske herunter, liefert ohne falschen Respekt aufschlussreiche Analysen - nicht nur zur Kunst, sondern vor allem zu den Kunstbetrachtern. Diesen dient das Ganze oft nur der Selbstbeweihräucherung, egal ob aus feingeistiger Bewunderung oder fundamentalistischem Hass. Taubers einstündiger Monolog entpuppt sich als bemerkenswerte wie spannende Meisterleistung, die die Absurditäten des Kunstbetriebes zeigt, was er oftmals ist: Satire eben.

INFO
Aufführungstermin: 11.Februar, 20 Uhr, Altes Rathaus Aalen


Bei der zweiten Wiederaufnahme geht es deutlich düsterer, grimmiger und verzweifelter zu: Tonio Kleinknecht inszeniert Büchners "Dantons Tod".


Der Zuschauer wird in das Revolutionsgeschehen hineingestoßen. Lärmende Stimmen führen in fiebrige Stimmung. Die der Märztage 1794, Beginn der blutigen Endphase jakobinischer Schreckensherrschaft. Die Stimmen verklingen. Stille. Ein im Herzrhythmus pulsierender Ton nimmt die Dramatik vorweg. Mit Dantons Ausruf „Ihr wollt Brot, und sie werfen euch Köpfe hin“ springt die Inszenierung in die Handlung. Der Revolutionsheld (Marc-Philipp Kochendörfer), des Mordens wie des Lebens überdrüssig, sieht keinen Sinn mehr im blutigen Spiel. Vergeblich fordert ihn sein Freund Camille (Daniel Kozian) zum Widerstand auf. Im Unterschied zu Robespierre (Bruno Lehan), der selbstverliebt die Massen nach seiner Partitur, einer bestialischen Philosophie von Tugend und Schrecken, dirigiert. Folgerichtig lässt Robespierre „das Guillotinethermometer nicht fallen“, sondern plant konsequent die Ausschaltung seines einstigen Kumpans Danton samt Anhängern.


Tonio Kleinknechts Inszenierung strafft Georg Büchners Original auf entscheidende Szenen, um deren überzeitliche Essenz herauszuarbeiten. Im Zentrum steht die Frage nach dem Verhältnis von Gewalt und Gerechtigkeit, von Demokratie und Bürgerbeteiligung. Fragen, die sich auch Büchner im 19. Jahrhundert stellt. In dessen drastischer Sprache offenbart Kleinknecht die Mechanismen jedweder Revolution, spiegelt zugleich mit atmosphärisch dichten Klangbildern Gefühle der agierenden Individuen wie der aufkommenden Endzeitstimmung. Prustende röchelnde, brennende Töne (Saxofonist Matthias Anton) drücken Trauer und Wut, aber auch Sehnsucht und Verzweiflung aus.


Elektronische Musik (Marko Timlin) singt die von menschlichem Leid unberührte Ode einer inhumanen Revolution. Robespierres Gehilfe St. Just (Arwid Klaws auf den Leib geschrieben) stimmt freudig in den Hymnus des endlosen Guillotinierens ein: „Jeder Schritt der Menschheit fordert Opfer.“ Eine pervertierte Sicht, die die Aalener Inszenierung zu Dantons Klage „Ich fühlte mich wie zernichtet unter dem grässlichen Fatalismus der Geschichte“ führt. Dessen Gattin Julie (Kristine Walther) und Lucille (Ramona Suresh), Camilles Gefährtin, werden hierbei zerrieben. Kleinknecht übernimmt Büchners Intention: das Geschehen als „Akt der Verzweiflung am Menschen, am Dasein, an der Ungerechtigkeit der Welt“. Genauso bringt der Regisseur es auch auf die Bühne: düster, grimmig, verzweifelt.

INFO
Aufführungstermine:  Februar (27.; 28.; 29.2. jeweils 20 Uhr) und März (4.; 5.; 6.3., jeweils 20 Uhr im Wi.Z)

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