Kunst, die demaskiert

Noch scheint im Chor alles im Lot zu sein. Noch scheint im Chor alles im Lot zu sein. LTT/David Graeter

„Es ist eine Premiere in Schwäbisch Gmünd, denn wir arbeiten heute mit zwei Chören zum ersten Mal zusammen."

Das hat Dramaturgin Kerstin Grübmeyer in der Einführung zum Schauspiel „Wie im Himmel“ erläutert. Die Theaterversion des gleichnamigen Films des schwedischen Regisseurs Kay Pollack, die Christoph Roos am Landestheater Tübingen (LTT) inszeniert hat, hatte ein großes Publikum in den "Stadtgarten" gezogen. 

Im Mittelpunkt steht ein weltberühmter Dirigent, der seinem Orchester auf der Suche nach musikalischer Perfektion alles abverlangt. Nach einem Zusammenbruch zieht er sich in das Dorf seiner Kindheit zurück, um sich ausschließlich dem Zuhören zu widmen. Es dauert nicht lange, bis er den Kirchenchor übernimmt. Was zunächst leicht und fröhlich wirkt, verändert sich rapide. Die intensive Arbeit mit den Choristen, die Suche nach dem persönlichen Grundton offenbart seelische Verletzungen, versteckte Sehnsüchte und Träume und reißt soziale  Spannungen der Gemeinschaft auf. 

In szenischen Kapiteln wird die Filmvorlage auf die Bühne gebracht. Das minimale Bühnenbild fordert den Schauspielern viel ab. Sie müssen die unterschiedlichen Stimmungen „auf Knopfdruck“ vermitteln. Die Szenen erinnern an Schnipsel aus einem Filmstreifen. 

Spannend die Zusammenarbeit mit dem Kammerchor „VokalPur“ des Scheffold Gymnasiums und Mitgliedern des „Liederkranz Weiler“ unter Leitung von Winfred Butz in den Schlussszenen. Die erste Probe mit dem Schauspielensemble fand erst kurz vor der Aufführung statt, doch der Aufzug der Choristen aus dem Saal auf die Bühne und die Gesangsleistung gelangen eindrucksvoll. 

Die Dramatisierung des Filmstoffes  „Wie  im Himmel“ hat unter den Zuschauerinnen und Zuchauern rege Diskussionen ausgelöst: „Einfach nur gesellschaftliche Klischees wie Inklusion, Homosexualität und familiäre Gewalt dazustellen, ist öde“, oder „diesmal hatten sie es leichter als bei Nathan dem Weisen“.

Der reiche Szenenapplaus und die „Vorhänge“ zum Schluss bewiesen allerdings, dass die Leistung der Schauspieler überzeugte. Neben Darstellung war noch mehr gefordert: Franziska Beyer als Gabriella und Carolin Schupe als Lena brillierten in ihren Gesangspartien. Holmfrid, von Patrick Schnicke überzeugend als gutmütig-dümmlicher Typ verkörpert, untermalte mit seiner Klavierbegleitung. Hervorragend Michael Ruchter als Tore, der durch sein Anderssein jede Ordnung durchbricht und den Mitspielern die Maske herunterreißt.

Gise Kayser-Gantner

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