Tête-à-Tête mit „Scharfrichtern“ Empfehlung

Foto: Peter Hageneder Foto: Peter Hageneder

Kunstverein Aalen zeigt zum 100jährigen DADA-Jubiläum eine spektakuläre „Hommage“.

Vor 100 Jahren fand in Zürich im Cabaret Voltaire der Urknall der Moderne der Kunst statt. Das war den Verursachern wohl nicht klar. Exilanten gründeten am 5. Februar 1916 DADA. Jetzt zeigt sich zum Jubiläum auch der Kunstverein Aalen völlig DADA – auf ganz hohem Niveau. Der Anfang begann damals in der provinziellen Eidgenossenschaft ganz moderat: Hugo Ball, ein Migrant aus Deutschland, spielt Debussy und Brahms auf dem Klavier und begleitet Emmy Hennings, die Chansons singt. Erst als der Medizinstudent Richard Hülsenbeck, Tristan Tzara, Marcel Janco und Hans Arp sich zu ihnen gesellen, entsteht der Orkan, der Europas Kunstwelt entscheidend verändert.   

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DADA wollte keine neue Kunstrichtung sein, kein Schubfach der Kunstgeschichte, sondern ein multimedialer Affront gegen gesellschaftliche Gepflogenheiten, gegen die Kunst und gegen den Wahnsinn des Krieges und seiner Propaganda sowie seiner Folgen von Verstümmelung und Tod als grauenhafter Realität. Seine Strahlkraft wirkt bis heute nach. Neue Sachlichkeit, Surrealismus, Fluxus und Zero bis zu den schon wieder alten „Jungen Wilden“ sind Früchte des Dadaismus.     

dada02Die Ausstellung des Kunstvereins Aalens spürt dieser grenzübergreifenden und grenzsprengenden Vitalität in seiner „Hommage à DADA“ bis in unsere Tage nach. Von Arp, Duchamp, Max Ernst bis Tzara, von Beuys und Dieter Roth bis Chéri Samba, Künzler und vielen anderen über Zeit- und Kulturgrenzen hinweg. Referenziell für die regionale Kultur der Gegenwart zeigen Vater und Söhne Heller, was Sache ist.   Alles neu macht der Mai. Statt einer Einführung durch den Vorsitzenden Artur Elmer verblüffte und verzückte Aalens subversives Alleinstellungsmerkmal, der „Bundesbürgermeister Frau Prof. Dr. Dr. S. K. Hentze“ zusammen mit dem Gitarristen Stefan Frank und dem Multimediakünstler Laurenz Theinert an seinem Visual Piano den größten Teil der riesigen Gästeschar.    
Es dürfte wahrscheinlich zum ersten - und Frau Professors Vermutung zum Trotz - nicht zum letzten Mal gewesen sein, dass beim Kunstverein Aalen zum eigenen Dadagagagesang rhythmisch geklatscht worden ist. Weil DADA als den Künsten notwendig immanenter Stachel gegen alle Bequemlichkeit und Angepasstheit ein MUSS bleiben muss. Sonst verdienen sie ihren Namen nicht.


Dringender Rat: Hingehen, ansehen; mindestens zwei Stunden einkalkulieren, sonst wird man den Preziosen aus 100 Jahren Dadaismus und dessen Folgen nicht gerecht, die Artur Elmer zusammengetragen hat. Und wäre es nicht jammerschade, nicht erfahren zu haben, wie gut sich die einstigen „Scharf-Richter der bürgerlichen Seele“ (George Grosz) mit historischer und aktueller afrikanischer Kunst sowie der stilistischen Vielfalt der drei Hellers von hier vertragen? Insofern hat der „große Vorsitzende“ Ralph Künzlers digitale Collage „A tribute to maestro AE“, für die er ein vor Jahren von Elmer gemaltes Porträt eines Jazztrompeters verwendet hat, redlich verdient.       jow

Info: Die „Hommage à DADA“ ist bis 17. Juli Di bis So 10 bis 12 Uhr und 14 bis 17 Uhr, Do bis 18Uhr, zu sehen; weitere Infos auf www.kunstverein-aalen.de   

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