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Swing, Scat und ein bißchen Sinatra Empfehlung

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Wenn das nicht verdächtig nach musikalischem Muff aus dem vergangenen Jahrhundert klingt.

Dessen ungeachtet wollte die Essinger Kulturinitiative in ihrer Schloss-Scheune nicht auf solcherart rhythmisierter Historie verzichten, zumal sich dieselbige überaus vergnüglich und mit dem gewissen Charme des 1950erJahre Swings zeigte. Nun könnte man sich mit der lapidaren Feststellung begnügen, Max Neissendorfer, der Mann am Klavier, zu den besten deutschen Jazzpianisten gehörend, frönt mit Ausdauer, Charme und Spielwitz seinen höchst kraftvollen wie swingenden Stil. Dass allerdings noch mehr dazu kommen muss, um aktuell mit einem "Swing und Scat Project" so formidabel zu überzeugen wie Neissendorfer samt Bassist Karsten Gnettner und Schlagzeuger Stephan Eppinger, bewies das Trio in der Essinger Schloss-Scheune.

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Neissendorfer nennt es mit Sinatra schlicht "Talk about me". Und wie Frankie-Boy singt er ach so schön: "And, listen, if you can't say anything real nice, It's better not to talk at all, is my advice." Recht so. Entweder reden oder schweigen. Bei dieser Musik wird Reden allerdings zum Gebot, nicht nur weil Neissendorfer mit unverwechselbarem Humor seine Stimmlage vermutlich als "im Abgang vollmundig und wohltuend sinatrig-samt" charakterisieren würde, sondern weil sie sich überraschend vielseitig erweist, zumal des Trios Gespür für harmonische Tempi und dynamische Differenzierungen verbunden mit einer solch bemerkenswerten Vitalität, dass jeder Gedanke an "old men music" fehl am Platze wäre. Um es vorweg zu nehmen, spätestens mit "Willow weep for me" mischen die Musiker eine gehörige Portion Bluesfeeling mit ein - schön melancholisch und doch - allen "Trauerweiden"-Besangs im Text - auf eine gewisse europäische Leichtigkeit nicht verzichtet.

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Beste Voraussetzung für einen smarten, weil eben auf Frank Sinatras Playlist abgehobenen Jazzabend, der das Feinste vom Feinsten liefert, wobei speziell die effektvoll frischen Arrangements bestechen, denen Neissendorfer allerbesten Scattgesang beisteuerte. Übrigens mit immer wieder hereinbrechender Höchstgeschwindigkeit in Sachen virtuoser Wortakrobatik, falls man die rasante Dababadibubudaba-Abfolge so bezeichnen möchte. Dabei beweist er nicht nur, dass er mit diesem unüberhörbaren Faible für Sinatra dementsprechend gut singen kann, er würzt den ausgeprägt geschliffenen Sound auch noch mit einer gehörigen Portion Humor, sei es auf das Alter seiner Mitmusiker anspielend - "Wir sind seit 1875 zusammen" - beziehungsweise auf das außerordentliche Musikvermögen des Trios - "Musiknoten können wir zwar nicht lesen, aber Banknoten zählen". Da steckt unerwartete Situationskomik drin, während die Drei en passant ihre Musik auf den Punkt bringen: knapp, elegant federnd, swingend. Perfekt für den Samstagabend, animierend und unvergleichlich unterhaltsam wie vergnüglich.

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Das schwungvolle Repertoire scheint wie gemacht für Max Neissendorfers warme Stimme, für diesen Swing, der so lässig und elegant daherkommt. Da macht es einfach nur Spaß zuzuhören, aber auch zuzusehen, allein der Spielfreude der Musiker wegen, nicht zuletzt des Bassisten wegen. Dieser scheint jeden Akkord in Bewegung umsetzen zu wollen, jeder Note einen eigenen Gesichtsausdruck zu spendieren. Freilich ein schweißtreibender Beipack, den er bei seinen ambitionierten Soli auf die Spitze treibt. Lockerer hingegen nimmt der Schlagzeuger seine Solointerventionen, die ihn virulent und quer durch die ihm zur Verfügung stehende Percussionwelt führen.

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Immer wieder kehren die Musiker zum überliefertem Stil zurück, zu durchweg melodischem Swing, zu kühnem Scatting. Duke Ellingtons "Caravan" steht dafür beispielhaft. Neissendorfer scattet sich á cappella  ins Dididu, baut es aus, assoziiert, kehrt zur Klarheit des Auftakts zurück. Nur ganz allmählich und zunächst kaum hörbar, stimmen seine Mitmusiker ein, formen Ellingtons Melodie wie ein Adagio. Das kommt zugleich dynamisch rüber, wirkt indes keine Note lang bloß gecovered. Vielmehr kess arrangiert, mit passendem Quäntchen swingender Furore. Einfallsreich, weil so modern, beileibe nicht verstaubt. So wie Gershwins "Summertime" - einfach frisch, glänzend instrumental wie vokal höchst kreativ interpretiert und in großartigen Sound gepackt. Alles ohne Effekthascherei, aber mit eben diesem untrüglichem Gespür für Swing. Oder wie Max Neissendorfer umschreibt: "I have rhythm, I have music". 

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