Zauber einer schrägen Nacht Empfehlung

Eine unschlagbare Kombination: "Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle" und das Festivalorchester des Musikvereins Steinheim. Eine unschlagbare Kombination: "Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle" und das Festivalorchester des Musikvereins Steinheim. Fotos: Holger Bewersdorf

Die Boygroup ist zwar in die Jahre gekommen, nach wie vor auf der Bühne jedoch taufrisch. Die "Fab Four" der Ostalb haben sich zum Auftakt des Festivals auf Schloss Kapfenburg einmal mehr als lebensnahe Blödelbarden mit Tiefgang präsentiert.

   Und zusammen mit dem imposanten Festivalorchester des Musikvereins Steinheim ihr Publikum im voll besetzten Schlosshof wahrlich entzückt. „Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle“ in Hochform.

   „da!SEIN - Ganz weit oba“, Überschrift und Motto eines schrägen Abends der Superlative. Selten war das Sein so erfüllend wie ganz weit oba im prächtigen Schloss. Dort droben kann man der Aufforderung der von Benny Banano aus hörbar tiefstem Herzen kommenden Aufforderung „Fang dir doch a Sternle“ leichter nachkommen, weil man dem Firmament deutlich näher ist.

   Im Dunkel der vom Raketenzauber des Oberfeuerwerkers Joachim Berner wieder atemberaubend durchzuckten Nacht werden die „Stumpfes“ den Blick zum Himmel werfen und bei Karin, Sabine, Petra und Christine und bei all den andern für feuchte Augen sorgen. Möglicherweise auch bei Jürgen, dem die Vier ein eigenes Lied widmen: „Dr Jürgen fends o.k.“ Das ist so hinterhältig doppelsinnig wie viele der schwäbischen Songs in ihrem umfänglichen Repertoire. Ob treuherzig oder mit Inbrunst gesungen, lauert in diesen Zeilen immer eine alles relativierende Pointe.

   Diesen Effekt erlebt das Publikum schon vor der Pause nach der Begrüßung durch Landrat Dr. Joachim Bläse. Der weiß: „Auf Schloss Kapfenburg ist immer schönes Wetter“. Zuvor hat sich für die anfahrenden Konzertbesucherinnen und -besucher ein herrlicher Regenbogen über die historischen Mauern gespannt. Im Blick auf das Orchester aus Steinheim im benachbarten Kreis Heidenheim stellt er fest, dass die Musik die Region verbinde. Ein Stichwort für den stellvertretenden Vorsitzenden des Landesverbands der Musikschulen im Lande, Bruno Seitz. „Die Musik verbindet die Welt“, sagt er kurz und prägnant. Zumindest an diesem Abend bleiben deren Abgründe außen vor. Dass die Voraussetzungen für dessen gelingen und des gesamten Festivals geschaffen worden sind, dafür dankt Akademiedirektor Moritz von Woellwarth ausdrücklich seinem Team.

   Dann geben die „Stumpfes“ wieder den Ton an, nachdem das „Ostalb Jazz Orchestra“ (OJO) im Fruchtkasten die eintreffenden Gäste mit seinem zupackend swingenden Sound „vorgewärmt“ hat. Manne Arold stellt den „Muggagittermo“ von der 2017 erschienenen CD „sehr sogar“ vor. Einer der denkwürdigen Titel, die das Quartett auf seiner am 30. Dezember 2025 endenden Abschiedstour aufführt.

 

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Wer wohl die Banane erwischt, die Benny Banano ins gut gelaunte Publikum im voll besetzten Schlosshof wirft.

 

   Ja aufführt. Ihre Show kommt ganz leger daher. Benny fordert „Kilometergeld“ ein, weil er es auf der Bühne zu seinem Kontrabass so weit hat. Und schon sind sie mittendrin in einem Lied. Wie dem hinreißend a cappella intonierten Volkslied „Durchs Wiesetal gang i jetzt na“. Perfektion getarnt als Zufall beim Proben. Das macht sie so nahbar. Im Oktober 2005, also vor knapp 20 Jahren, haben sie die CD „Sei wie du“ aufgenommen. Mit Preziosen wie „Hond weg“ und „Sabine Mayer“. Anlass genug, sich über Problem mit „Hond“ und der Suche nach Sabine lachstark auszutauschen. Das Potpourri „Alle meine Entchen“ als Bossa Nova - zum Quietschen komisch.

   „Heut nemme ond morga net glei“ muss man an diesem Abend nicht wörtlich nehmen. Denn mit dem Festivalorchester Musikverein Steinheim zusammen setzen sie ihrem Auftritt mehr als ein Sahnehäubchen auf. Der fette und dennoch transparente Big-Band-Sound made in Steinheim transportiert unter der Leitung des jungen Dirigenten Jan Jäger in lupenrein musizierten Arrangements das melodische Gerüst. Als die vier Sangesbrüder die Hymne „Ostalbherz“ anstimmen, zeichnet der Tanz der Scheinwerfer grafische Lichtfiguren auf die Schlossmauern.

   Kein Auftritt von „Herrn Stumpfes Zieh & Zupf Kapelle“ ohne ihr „Linsengericht“, natürlich sind die Schpätzla gschabt (der Text findet sich im Programm-Schulheft und Wörterbuch); ein Ausblick („Rentner sei“), am besten „Faulmiad“, wie Selle Hafner demonstriert; und schließlich der Klassiker zur Melodie von „The lion sleeps tonight“. Das „Bemberle“, das dem Flex so weh tut.  Wenn etwas so schmerzt, wo kann man dann noch Heilung finden? „Ganz weit oba em Himmel“. Dazu brennen die „Stumpfes“ und die Steinheimer selbst nochmals ein musikalisches Feuerwerk ab.

 

Wolfgang Nußbaumer       

(25.07.2025)

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