Schwelgen im Farbenrausch Empfehlung
- geschrieben von -uss
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Mit hell erleuchteten Fenstern hat am Donnerstagabend das Schloss Untergröningen in das Kochertal gegrüßt. In seinen Mauern hat KISS-Vorsitzender Werner Schulz eine Ausstellung mit Werken von Philip Langen eröffnet worden.
Auf zwei Stockwerken lassen sich die rund 300 Arbeiten aus verschiedenen Schaffensphasen des Holländers bestaunen, der im Januar dieses Jahres gestorben ist. Mit großem Erfolg nach dem Studium von Design, Kunst und Betriebswirtschaft in Amsterdam Jahrzehnte als Unternehmensberater und Coach in der Modebranche unterwegs, hat ihn 2012 ein schlaganfall aus der beruflichen Bahn geworfen. Es folgten Reha und das Leben mit einer linksseitigen Lähmung. Seitdem hat er, wie er einmal sarkastisch im Gespräch mit dem Einführungsredner Wolfgang Nußbaumer festgestellt hat, „etwas chaotisch“ gemalt - und ausschließlich mit rechts.
Mit enormer Energie hat er im Rollstuhl sitzend auf seiner Staffelei im elterlichen Haus seiner Frau Ulrike in Aalen Tausende Arbeiten geschaffen. Mit Aryl, als Aquarell, mit dem Zeichenstift und sogar mit einem Marker hat er zunächst ausschließlich Porträts auf die Leinwand und zu Papier gebracht. Enorme Dynamik, Farbenreichtum, eine vitale Kraft, ja ein unerschöpfliche Ideenreichtum zeichnet schon diese Werke aus. Jeder Strich, jeder Farbfleck sitzt, ob mit Pinsel, Spachtel oder der bloßen Hand aufgetragen. Den „Horror vacui“, die Angst vor der leeren Leinwand hat der Niederländer nicht gekannt.
Obwohl er gerne seriell gearbeitet hat, gleicht kein Blatt und keine Leinwand dem andern. Hier ein alter Wilder, dort ein konstruktiver Kubist mit einem kräftigen Schuss Expression. Die Bandbreite der Farb- und Formelemente reicht von der Steinzeit bis in die Gegenwart.
Seine Leidenschaft für das Porträt hat Philip Langen 2023 die Afrika-Bilder malen lassen. Farbenfroh sind diese Gesichter. Alle nur mit dem Finger gemalt. Kontrastreich in ihrer bunten und schwarzweißen Anmutung. Ihr Markenzeichen sind die langen Hälse. Mehrere Gestalten tragen gestreifte Kleidung. Man könnte Gefangenschaft, Kolonialismus und Sklaverei assoziieren.
Thematisch verwandt mit den Afrika-Bildern sind die „Köpfe“. Gegenständlich bis abstrakt. Weiße und schwarze Linien konturieren diese ausdrucksstarken schönen Gesichter. Bizarre Konterfeis hat Langen auch dem mit 27 Jahren gestorbenen US-amerikanischem Maler Jean-Michel Basquiat und Pablo Picasso gewidmet.
Die eigentliche Überaschung dieser Retrospektive sind die Blumenbilder. Überwältigend in ihrer Farbenfülle und ihren Arrangements. Gemalt hat diese froh stimmenden Blätter Langen zur Corona-Zeit.
Wie vielseitig sein Schaffen gewesen ist, dokumentieren noch Akte einschließlich einer Botero-Hommage, in Richtung Mode weisende Zeichnungen und Schwarzweiß-Schriftbilder sowie mit Acrylfarben, als Aquarell, mit Bleistift und in Mischtechnik gemalte realistische Porträts prominenter Persönlichkeiten von Ludwig Erhard bis Mick Jagger.
Musikalisch gekonnt umrahmt hat die Vernissage der Pianist David Leinmüller. Den Aalener Kulturverein Kollektiv K, dem die Initiative zu dieser Ausstellung mit zu verdanken ist, hat Jakob Arold vorgestellt.
Info: Die Ausstellung ist bis 22. Dezember sonntags von 11 bis 18 Uhr zu besichtigen
(29.11.2024)