Schwarzhumoriger Blick auf das Leben Empfehlung

Gut gelaunt flankieren Andreas Welzenbach (l.) und Thomas Raschke ihre gemeinsam erarbeiteten "Kollaborationen". Gut gelaunt flankieren Andreas Welzenbach (l.) und Thomas Raschke ihre gemeinsam erarbeiteten "Kollaborationen". Fotos: -uss

Eine „außergewöhnliche Ausstellung“ hat Bürgermeister Bernd Schwarzendorfer den zahlreichen Vernissagegästen im Aalener Rathaus angekündigt.

   In der Tat sollte man Sinn für schwarzen Humor und perfektes Handwerk mitbringen, um die Exponate und Installationen des kongenialen Duos Thomas Raschke und Andreas Welzenbach genießen zu können. Nicht nur das. Auch die Bereitschaft, um Ecken herum zu denken. Das signalisiert schon der kryptische Titel der Ausstellung „Erst in der Heimat bin ich wirklich fremd“.

   Eine willkommene Vorlage für einen versierten Einführungsredner wie den Heidenheimer Kunsthistoriker Dr. René Hirner. Diese Überschrift sei an Paradoxie nicht zu überbieten. Formuliert hat sie einst der Holzschnitzer und Bahnhofswirt Josef Schranz in Murnau. Bekannt gemacht haben ihn seine Maskenkarikaturen von Politikern. Welzenbacch hat den Kollegen mit einem Holzrelief gewürdigt.

   Holz und Karikatur bilden die Verbindung zum Schaffen des 1965 in Aalen geborenen Bildhauers Welzenbach. Seine schwarzhumorigen, mal mit feiner, mal mit hammerharter Ironie aus dem Holz geschlagenen Arbeiten persiflieren mit immer noch sprudelndem Ideenreichtum kleinbürgerliches Denken und Verhaltensweisen. Seine Technik der Verfremdung alltäglicher Erscheinungen korrespondiert für Hirner mit Raschkes Ansatz. Der 1961 in Schwäbisch Gmünd geborene gelernte Goldschmied hat zum Beispiel handwerklich perfekt aus Pappe Papier und Holz eine „Arche“ geschaffen, die in der Interpretation des Redners „eine Art Fabrik im neogotischen Stil“ transportiert. Rettet sie womöglich die Industrie vor dem Untergang?

 

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Hinter Raschkes Flieger ins Kunstgespräch vertieft (v.l.) die Malerin Waltraud Schwarz, der Bildhauer Dietmar Schmid und Bürgermeister Bernd Schwarzendorfer.

 

   Im Grunde spielt diese prickelnde Schau mit dem Topos der Endzeitlichkeit. Und diese beginnt schon in der Kindheit. Eindrücklich in Szene gesetzt unter dem Titel „Die Jagd“ mit einer von Andreas Welzenbach gebastelten Rakete aus Stahl (maximal beladbar mit 20 (Kinder-)Kilo!) und einem Flugzeug Raschkes, das von einem Gerippe pilotiert wird. Beides lässt sich wie ein Karussell um eine Säule drehen. Um einen erfüllten Kindertraum könnte es sich auch beim „Baumhaus“ der beiden Künstler handeln. Würden nicht wieder eine blaue Micky Mouse, ein Gespenst und ein Erinnerungsfoto wie von einer Grabstätte beziehungsvoll arrangiert.

   Wahrlich viel zu entdecken gibt es in dieser für René Hirner wesentlich von der Erinnerung geprägten Ausstellung. Stellvertretend dafür steht das in der Reihe ihrer „Kollaborationen“ gemeinsam geschaffene Objekt „Partyzone“. Mit seinen Brandspuren kein Wohlfühlort, doch Teil des endlichen Lebens.

   Eingestimmt haben Thomas Raschke auf der Gitarre und Andreas Welzenbach am Schlagzeug als - wen wundert’s- „ein halbes Quartett“ ihr Publikum mit zur Ausstellung passenden Musik.

   Info: Die Galerie im Rathaus ist Mo-Mi 8.30-17 Uhr, Do 8.30-18 Uhr, Fr 8.30-12 u. 14-17 Uhr, Sa 10-13 Uhr sowie Sonn- und Feiertag 14-17 Uhr geöffnet. Am Sonntag, 28. Juli, 15 Uhr, führt das Duo durch die Ausstellung. 

 

Wolfgang Nußbaumer     

(22.06.2024)     

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