Wurzeln, die in die Zukunft weisen Empfehlung
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Zum 20. Mal hat die VR-Bank Ostalb am Sonntag auf Schloss Fachsenfeld ihren Kunstpreis verliehen. Bei Kaiserwetter hat sich Albrecht Schäfer aus Berlin vor zahlreichen Gästen über den mit 5000 Euro dotierten Siegeslorbeer gefreut.
Wie die übrigen in die Endauswahl gekommenen Künstlerinnen und Künstler Johanna K. Becker, Anne Carnein, Katrin Bertram und deren Teampartner Janusz Czech hat sich der in Stuttgart geborene Professor für Bildhauerei mit dem Themenspektrum Wurzeln, Heimat, Natur und Zeitenwende auseinandergesetzt.
Verständlich, dass sich der Vorstandsvorsitzende der VR-Bank, Kurt Abele, angesichts der äußeren Bedingungen und dem außergewöhnlichen Kunstschaffen freute: „Was könnte es Schöneres geben, als die Kunst in allen ihren Facetten zu erleben“. Dass sich das Kreditinstitut, für das er tätig ist, seit 2005 an der Gestaltung der Kunstszene in Ostwürttemberg mit der Stiftung des Kunstpreises beteiligt, erfüllt ihn mit berechtigtem Stolz.
Aalens OB und Vorsitzender der Stiftung Schloss Fachsenfeld, Frederick Brütting, wies darauf hin, dass alle Künstler biographische Bezüge zu Südwestdeutschland haben. Aufmerksam registriert haben dürften die Festgäste seine Ankündigung, im Herbst zwei Arbeiten Caspar David Friedrichs aus dem Bestand der in der Staatsgalerie Stuttgart eingelagerten grafischen Sammlung der Stiftung zu zeigen.
Über das Auswahlverfahren per Internetplattform hat diese Zeitung bereits ausführlich berichtet. Weit über 40 Kunstschaffende haben sich daraufhin gemeldet. Aus ihnen die Preisträgerinnen und Preisträger auszuwählen „hat viel Arbeit gemacht“, wie die Direktorin des Museums Ulm, Dr. Stephanie Dahte, feststellt. Sie und Dr. Sabine Heilig, die Leiterin des Museums Villa Rot in Oberschwaben, würdigen ihre Auswahl. Für Stephanie Dahte ist es das innere Anliegen Albrecht Schäfers, praktisch und symbolisch die ökologische Frage mit der Kunst in Verbindung zu bringen. Dazu hat er Äste von Bäumen aus dem Fachsenfelder Park bearbeitet und in einen neuen Kontext von Zeit und Raum gestellt. Aus Blättern der Äste hat er noch einen Farbsud gekocht und auf zwei Wandtafeln aufgetragen.
Über mit jeweils 1000 Euro dotierte Preise konnten sich Janusz Czech, Anne Carnein und Johanna K. Becker freuen.
Die Arbeiten der in Worms geborenen Johanna K. Becker, deren künstlerische Praxis Skulptur, Fotografie, Text und Video umfasst, erinnern die Kuratorin an „Schneekugeln“ aus dem Bereich der Kinderspielsachen und eingelegte organische Substanzen, mit denen sie ihre Suche nach tradierten Abbildern von Landschaft, Natur und Kultur sichtbar macht. Die in Münster lebende Kulturanthropologin modelliert aus Kunststoff mit Harz übergossene (Landschafts-) Präparate, die in ihrer formalen Ausarbeitung auf die repräsentative Zurschaustellung von Artefakten in barocken Kuriositätenkabinetten, naturhistorischen Sammlungen oder Archäologischen Museen anspielen.
Katrin Bertram, die krankheitsbedingt nicht kommen konnte, und Janusz Czech leben in München. Sie hinterfragt mit ihren Arbeiten nach den Worten von Sabine Heilig die Konsumgesellschaft im Kontrast zur Freizeitwirklichkeit. Oder wie viel Stille sind wir uns noch zu leisten bereit. Den in Kedzierzyn in Polen geborenen Czech wiederum beschäftigen Lebensentwürfe. Back to the Roots? Sein Protagonist ist der 94 Jahre alte Heinz. Ihn hat er als entwurzelte Existenz kennengelernt. Heimatlos.
Im Gegensatz zu Heinz ist die in Rostock geborene und im Allgäu lebende Anne Carnein in ihrem Schaffen im Wortsinne verwurzelt. Ihre aus Stoff, Garn und einem Skelett aus Draht geformten Arbeiten reflektieren Pflanzen, Pilze und deren dem Vernehmen nach kommunikatives Wurzelwerk. Jedes Blatt, jeden Stiel und jedes Blatt hat die einstige Meisterschülerin von Prof. Stephan Balkenhol in feinster Handarbeit geformt, bespannt und genäht. Ihre Exponate wirken wie „kostbare Sammlerobjekte aus einer surrealen Welt“.
Alle Exponate verbinden sich in ihrer Anmutung mit dem Geist von Park und Gebäudeensemble. es lohnt sich, auf Entdeckungswanderung zu gehen.
Den emotional berührenden musikalischen Rahmen hat der Saxofonist Andreas Holdenried mit seinem samtwarmen Klang zusammen mit dem jazzversierten Kontrabassisten Joel Locher geformt.
Info: Die Ausstellung ist bis 8. September samstags von 13 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
Wolfgang Nußbaumer
(17.06.2024)