Ein Großer im kleinen Format Empfehlung
- geschrieben von -uss
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In Superlativen haben alle Redner bei der Eröffnung der Stirner-Ausstellung zu dessen 80. Todesjahr im Schloss ob Ellwangen geschwelgt.
„Tolles Werk“, „ein außerordentlicher Künstler“, „grandiose Farbauswahl“, „großartig, wie der Maler seinen Bildern Leben einhaucht“.
Keine einzige Wertung ist übertrieben. 30 neue Arbeiten aus Familienbesitz ergänzen die rund 80 Werke, die das Schlossmuseum bereits besitzt hervorragend. Weitere Arbeiten hat Kurator Ulrich Brauchle in hiesigen Haushalten organisiert. Was Bürgermeister Volker Grab zu der Einschätzung kommen lässt, der Malerpoet aus Rosenberg sei „ein wesentlicher Identitätsfaktor für Ellwangen“.
Wer sich heute noch einen Stirner in die gute Stube hängen möchte, hat schlechte Karten. Der Markt ist leergefegt. Wer einen besitzt, behält ihn lieber selbst. Das spricht für die Qualität des Malers, der im Dunstkreis von Impressionismus und Expressionismus als Autodidakt seinen ganz eigenen, unverwechselbaren Stil gefunden hat. Er hat sowohl idyllische heimatliche Landschaften, grasende Kühe, Bauernhöfe und Erntewagen mit präzisen Strichen und prägender Farbigkeit erfasst, als auch die leuchtende Glut des Orients mit seiner Palette eingefangen. Bilder, in denen das Leben pulsiert.
„Die Größe von Karl Stirner liegt nicht im äußeren Format“, gibt Kurator Ulrich Brauchle in diesem Zusammenhang zu bedenken. Da er in aller Regel vor Ort malte, konnte er keine große Ausrüstung mitschleppen. Wie einst Wilhelm Busch gelingt es Stirner, die große Welt im kleinen Format zu fassen, ohne sie einzuengen.
Diesen Eindruck vertiefen auch seine schriftlichen Zeugnisse. Sie hat er vermutlich an dem kleinen Sekretär zu Papier gebracht, der im Stirnerzimmer etwas private Atmosphäre vermittelt. Ohnehin war der bildende Künstler in seinen letzten Lebensjahren davon überzeugt, dass man mit Worten die Menschen besser erreichen könne als mit Bildern. In dieser Ausstellung indes kann jede Besucherin und jeder Besucher seine gemalten und gezeichneten Favoriten entdecken. Lange anschauen und gut in Erinnerung behalten für das geistige Auge, heißt die Devise. Denn kaufen geht nicht mehr.
Info: Die Ausstellung ist bis 5. Oktober Mo-Sa 14-17 Uhr, So/Feiertag 13-17 Uhr zu sehen. Eine weitere Stirner-Ausstellung wird am Sonntag, 30. Juli, 11 Uhr im Rathaus Rosenberg eröffnet. - Am Sonntag, 6. August, 20 Uhr, findet im Schlossmuseum ein Vortrag zu Leben und Werk Karl Stirners mit Ulrich Brauchle und Dr. Michael Hoffmann statt.
Wolfgang Nußbaumer
(17.07.2023)