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Mit Bravour und Humor: Vision String Quartet

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Der Aalener Konzertring bat zur Frühlingsouvertüre trotz kalten Winterwetters vier famose junge Herren, die im Laufe der ihnen bevorstehenden Musikerkarriere sicherlich noch von sich Rede machen werden, auf die Stadthallenbühne.

Mit einem bemerkenswerten Programm, dessen Auftakt sich überaus vielversprechend anhörte. Mit Franz Schuberts "Erlkönig" wollte das Berliner "Vision String Quartet" die Ostalb sozusagen im Sturm erobern. Ausgerechnet mit Schuberts programmatischster Komposition, die er zu seinem vielsagenden "Opus 1" erkoren hatte.

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Musikfreunde kennen Franz Liszts Klaviertranskription, dieses grandiose wie rasante Bearbeiten der schwarzen und weißen Tasten.  Ganz im Sinne des bekannten Limericks: "Im Erlkönig hagelt‘s Triolen, von Schubertschen Noten befohlen. Doch klingt´s oft so wie als wollte der Pianist glatt das Pferd überholen." Nun denn - Jakob Enke (Violine), Daniel Stoll (Violine), Sander Stuart (Viola) und Leonard Disselhorst (Cello) gaben dem Pferd tatsächlich die Sporen und servierten den "Erlkönig" als "Minutenglück": Rasant in Angriff genommen strichen sie über die Saiten, zupften dieselbigen im Galopp, um atemlos ihren "Erlkönig" zu Ende zu bringen. Mit Bravour, Humor und von anhaltendem Beifall begleitet.


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Beethoven soll sich angeblich ebenfalls um Goethes Gedicht bemüht haben, zumindest existiert eine Skizze für eine Vertonung, die der Meister aber nie fertig stellte, vielleicht, weil er um Schuberts genialen Cantus wusste und diesen für unübertrefflich hielt. Die vier Musiker wollten auf Beethoven jedenfalls nicht verzichten, weshalb sie zu dessen "Streichquartett Nr. 7 F-Dur, op. 59/1" griffen. In den Tempi den vorausgegangenen Schubertschen teils völlig entgegengesetzt, sprengt Beethoven mit diesem Werk erstmals den kammermusikalischen Zeitrahmen: Fast eine Stunde benötigen die Musiker, trotz konventioneller  Satzzahl. Der Komponist ließ hier markant die Monumentalität der "Eroica" in seine Kammermusik einfließen.


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Deutlich zu hören bereits im ersten Satz ("Allegro"): Aus dem vom Cello angestimmten, dann von der ersten Violine übernommenen und zu einem kurzen Höhepunkt  geführten kantablen Hauptthema entspringen gleich drei weitere Gedanken, die zu einer weitgespannten, aber dennoch lebhaften Elegie führen. Darin entfalten sich sanglich-melodisch Motive, die vom Quartett gut nachvollziehbar sukzessive weiterentwickelt werden, um spannungsreich über ungestüme Phrasen in neue sich immer weiter steigernde Gefüge zu münden.


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Da auch klanglich bei Beethoven ein Mehr immer geht, folgt im "Allegretto" eine überraschend phantasiereiche Tonsprache, ein Sonatensatz im Scherzo-Timbre, dessen Gedankenkonstrukt vom Cello umspielt in eine kapriziösen Melodik der ersten Violine fließt.


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Beethovenfreunde  sehen in dem Werk den Versuch des Komponisten alle möglichen Höhen und Tiefen des Sonatenformats durchzuexerzieren, zumal aus dem "Adagio molto" jenes gedankenvolle Klagen zu vernehmen ist, das so sehr an Bachs Passion erinnert - von der Violine angeführt, vom Cello wiederholt. Beethoven selbst schrieb dazu ins Notenblatt: "Einen Trauerweiden- oder Akazienbaum aufs Grab meines Bruders". Trauergesang, ein umso erstaunlicher, da sich nachfolgend die Tragik durch einen Triller zum "Thème Russe" wendet, dem Finale mit Rondo-Charakter. Und nuancierten Adagio-Anleihen, die dem damaligen Auftraggeber dieser Musik, dem Grafen Andrej Rasumowsky  geschuldet sind.


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Nach nahezu 60 Minuten delikat gespielter Klassik war kaum anzunehmen, dass eine Steigerung noch möglich ist. Der Sprung in ein völlig anders Genre indes allemal. Die vier Jungs entwickeln sich zu locker humorige Moderatoren, ihre Musik klingt plötzlich nach Jazz und Pop mit klassischem Einschlag. Crossover wird derartiges Musizieren gerne genannt, doch davon wollen die Vier nichts wissen. Für sie ist dieser Sound eigenständig. Nicht zuletzt da sie hierbei "einfach" einer Fährte folgen, die sie Jam-Session-gleich neue Klänge finden und erfinden lässt.


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Daraus ergibt sich ein Jazz mit Rückgrat, der mit jazzigem Allerweltssound ebenso wenig gemein hat, wie mit modernisiertem "Play Bach". Beredtes Beispiel "Come Together" von den "Beatles" sowie Interpretationen von Gershwin- und Benny-Goodman-Melodien. Und wer danach noch immer nicht genug hatte, dem servierte das  "Vision String Quartet" Harvey Schmidts "Try to remember" als romantisches Schubert-Ständchen, womit die smarten Jungs wieder beim Auftaktgeber ihres erstaunlichen Konzerts angelangt waren.


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