Schlürfen, schlotzen, horchen Empfehlung

Schlürfen, schlotzen, horchen Fotos: -uss

„Jetzt geht’s hier um die Wurscht“. So, wie Vincent Klink „Wurscht“ sagt, fangen die Geschmacksknospen auf der Zunge gleich an zu blühen.

  Die Ohren hat sein Publikum im schon lange ausverkauften Saal des Speratushauses in Ellwangen ohnehin schon gespitzt. Nicht nur wegen des 120-Kilo-Kochs aus Stuttgart. Eingebettet wird der verbale Gaumenkitzel in den musikalischen Ohrenschmaus, den das „Sofa-Trio“ serviert.

    Seit 2006 führt der Hobbyjazzer Tagebuch. Als seine Niederschriften auf 800 Seiten angewachsen waren, hat er beschlossen, den Rohstoff zu einem Lesegericht zu verarbeiten. Zuerst war sein gesammeltes Werk nur im Internet präsent. Bis Rowohlt aus Hamburg bei ihm wegen einer gedruckten Version fürs Weihnachtsgeschäft angeklopft hat. Und Klink hat geliefert. „Meine Rezepte gegen Liebeskummer“ sind 2017 erschienen.

      Wir gehen davon aus, dass seine optische Bewertung eines deftigen Fleischragouts nicht darunter ist.  Vorstellbar ist sie in seinem „Tage- und Rezeptbuch“ „Angerichtet, herzhaft und scharf!“ „Ein richtig gutes Gulasch“, stellt der Koch trocken fest, „sieht aus wie ein Scheißhaufen“. Und ein Kartoffelsalat, der schön aussehe, also mit ganz akkurat geschnittenen Scheiben, könne nicht gut sein, doziert er. Matschig und schlunzig, schlürffähig also muss die Saiten- und Leberkäs-Begleitung auf den Teller. 

    Dann gesellt sich der Multikünstler (neben seiner Herdbeherrschung schreibt und musiziert er, hat in Spielfilmen und TV-Produktionen mitgewirkt, ist sein eigener Verleger und Herausgeber, Umweltaktivist  und und und) mit seiner Querflöte zum Jazzposaunisten und Leiter der städtischen Musikschule, Moritz von Woellwarth und dessen Kollegen an Gitarre und Saxophon,  Bolz & Knecht. „Summertime“ aus „Porgy and Bess“ haucht er in die Silberröhre. 

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   Ja, dieser Mann mit Sinn fürs Grobe kann ganz sanft sein. Vermutlich hat er vorher gut gevespert. Denn eine seiner bedenkenswerten Weisheiten lautet: „Wer satt ist, ist friedlich“. Was nicht ausschließe, dass viele dicke Menschen unglücklich seien. Nach einer kurzen Pause fügt er hinzu: „Aber Dünne noch weit häufiger“. Es folgt ein kurzer Brückenschlag zur genetischen Verwandtschaft: „Ein mageres Schwein ist eine arme Sau!“ 

    Zwischendurch lässt er ein paar kernige Breitseiten gegen Konzerne wie „Nestlé“ los, der sich für seine Verkaufsmethoden von Babynahrung in der 3. Welt heftige – und berechtigte! – Kritik eingehandelt hat. Der Mann, der in den Siebzigerjahren den „Postillon“ in Schwäbisch Gmünd zu einem Ein-Sterne-Restaurant gemacht hat, hat nichts gegen Reiche – aber viel gegen „Verbrecher“.  Ganz schwäbischer Freigeist bricht der kulinarische Schubart noch eine Lanze für den friedlichen Islam und die arabische Kultur.  Ohne deren Einflüsse hätte es im christlichen Abendland noch ziemlich lange ziemlich duster ausgesehen. Wie kommt man nur vom Propheten Mohammed ungestreift zum Reisbrei-Rezept? Indem man, also Klink, alles unter einen Hut bringt.

    In seinem Tagebuch hat er unter dem 25. Februar notiert: „Wären wir wirklich so ausländerfeindlich wie man das gefühlt wahrnimmt: Es gäbe keine Straßen, alle Baustelle im Land wären verwaist, der Daimler könnte zumachen, der Stuttgarter Gemüsemarkt leergefegt, kein Päckchen oder Brief würde uns erreichen, die Städte völlig zugemüllt, ja und die Wielandshöhe könnte sofort dichtmachen. Vielleicht mögen wir doch die Ausländer, wenigstens ein bisschen?“

Wolfgang Nußbaumer

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