Diese Flöte bezaubert immer
- geschrieben von -uss
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Nicht enden wollender Applaus – und das nach gut drei Stunden Aufführung und sehr viel Zwischenapplaus:
Das Pforzheimer Musiktheater beschert mit der "Zauberflöte" dem Publikum im Gmünder Stadtgarten einen Opernabend, der rundum überzeugt und überdies wunderschöne Glanzpunkte setzt.
Der Beginn der "Zauberflöte" in der Inszenierung von Thomas Münstermann ist ungewöhnlich, denn die Ouvertüre wartet mit einer Rahmenhandlung auf. Die drei Dienerinnen der Königin der Nacht sind zunächst gestrenge Aufseherinnen im Schlafraum eines Internats. Kaum sind die Kinder unter sich, geht die Tollerei los. Es wird ausgelassen getanzt und Kissen fliegen durch die Luft, dass es Mozart gefallen hätte. Der Traum kann beginnen, als der Schlaf die Kinder übermannt.
Dank des wandlungsfähigen Bühnenbildes ist im Nu eine märchenhafte Landschaft auf die Bühne des Stadtgartens gezaubert. Dort nimmt die Geschichte der weltweit am häufigsten aufgeführten deutschen Oper ihren Lauf: Tamino irrt umher, gejagt von einer Schlange. Die Geschichte kommt in Fahrt, als er das Bild Paminas sieht, die von Sarastro entführt wurde. Zusammen mit dem Vogelhändler Papageno macht er sich auf, die Tochter der Königin der Nacht zu befreien. Nach drei bestandenen Prüfungen siegt die Liebe.
So trivial sich diese äußere Handlung anhört, so vielschichtig sind die Anspielungen und möglichen Deutungen der Oper, die 1791, in einer Zeit des Übergangs, uraufgeführt wurde. Wie ein roter Faden zieht sich das Ringen um Freiheit durch die Zauberflöte, deren geschichtlicher Hintergrund die französische Revolution ist. Auch die Natur, verkörpert durch die Figur des Papageno (Paul Jadach), lassen Mozart und Schikaneder, von dem das Libretto stammt, zu ihrem Recht kommen. Die Rolle von freimaurerischem Gedankengut gibt wiederum eher Rätsel auf. Einhellig fällt dagegen das Urteil über Mozarts Musik aus, auch im Gmünder Stadtgarten: „Es ist das höchste der Gefühle“, um es mit den Worten Papagenos und Papagenas auszudrücken, nachdem sich die beiden endlich gefunden haben.
In die Ouvertüre hat der Regisseur eine ausgelassene Traumsequenz integriert.
Vor allem die Rollen der Pamina und des Vogelhändlers bezaubern das Publikum. Bei der Arie „Ein Mädchen oder Weibchen wünscht Papageno sich“ liegt das Publikum dem Bariton mit seiner weichen, natürlichen Stimme zu Füßen. Zutiefst berührt Paminas Schattenarie „Ach ich fühl’s“, das Stamatia Gerothanasi unglaublich pianissimo interpretiert. Mit Bravour meistert Natasha Sallès die Aria agitata, bei der Mozart, so verrät der musikalische Leiter Markus Huber in der Einführung, an seine keifende Schwiegermutter gedacht habe. Sallès singt die hohen Koloraturen glockenklar und alles andere als keifend.
Im Orchestergraben sorgt die Badische Philharmonie Pforzheim für exquisiten Musikgenuss und erfüllt damit das Happy End, in dem Weisheit und Schönheit siegen.
Birgit Markert