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- geschrieben von -uss
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„Take the A-Train“ heißt der Titel, der zum Markenzeichen des Duke Ellington Orchesters geworden ist.
Im Peutinger-Gynasium in Ellwangen hat der vom Ostalb Jazz Orchestra mächtig unter Dampf gehaltene Zug neue Passagiere an Bord genommen. Einige mussten sogar stehen. Hauptsache, man durfte mitfahren.
Das hat Spaß gemacht. Nachhaltig. Die alten und die neu hinzugekommenen Fans des Ostalb Jazz Orchestra wollten die tolle Truppe mit dem Startrompeter Axel Schlosser und den stimmgewaltigen Vokalsolisten Tanja Gold-Hagel und Norbert Botschek gar nicht mehr von der Bühne im ausverkauften PG-Forum lassen.
Erst als dieser vielgliedrige Klangkörper nochmals den Mississippi-Dampfer „Proud Mary“ unter Volldampf setzte, ließ das Publikum endlich die Hände ruhen und die Musikerinnen und Musiker nach ihrem letzten Konzert in diesem Jahr tief und glücklich durchatmen. Weit über zwei Stunden hatte die von Gerhard Ott auf Trab und am Swingen gehaltene Big Band mit Klassikern des Genres und ausgesprochenen Pop-Perlen alle Register gezogen.
Tatkräftig mitgeholfen hat dabei der in Oberkochen aufgewachsene Solotrompeter der hr-Bigband und Honorarprofessor an der Musikhochschule der Uni Mainz, Axel Schlosser. Als Schwabe seit ein paar Wochen „gscheit“ (nachträglich noch alles Gute!), ein Kerl wie ein Bär, an dessen Gemüt die Herren Karl Valentin und Heinz Erhardt mitgezimmert zu haben scheinen – kurzum ein klasse Typ. Nur wenn es um die Musik geht, bei den Proben, da sei er pingelig, räumt er ein - und grinst in Richtung Orchester. Seine Strenge hat sich ausgezahlt. Der Männerbund mit Dame (Karin Ott) ist zur Sache gegangen wie ein von einem Schweizer Uhrwerk angetriebener Dampfhammer. Als „Unruh“ in diesem Räderwerk wirkte zuverlässig der junge Drummer Alexander Röck. Der hat inzwischen Bigband-Blut geleckt.
Ein Stück von vielen, die Thomas Frindt wieder – und vorerst zum letzten Mal, wie er gestanden hat – mit pädagogischem Charme angesagt hat: das „Concerto for Cootie“, das der Duke seinem Trompeter Williams gewidmet hat. Schlosser gibt den Cootie mit Bravour – und einem komischen Dämpfer. „Das geht nur mit einem echten Klostopfer“, erklärt er verschmitzt die „schmutzigen“ Töne, das grummelige Gurgeln und Quitschen. „Jazz Police“ mit Markus Fingerle am E-Bass und Thomas Bader auf dem Baritonsax wirkt wie ein Schlag in die Magengrube dogmatischer Jazzpolizisten. Im rasant-draufgängerischen „The Chicken“ der E-Bass-Legende Jaco Pastorius lässt René Wolf seine Gitarre in irren Läufen kreischen, als ob die apokalyptischen Reiter heranstürmten.
Aber die Truppe kann nicht nur qualmenden Kavalierstart. In einem raffinierten Arrangement des Ellington-Titels „I got it bad“ für Bläser ohne Rhythmusgruppe beweisen die Register kammermusikalische Qualität. Oder bei der Begleitung von Axel Schlossers auf dem Flügelhorn mit kühler Klarheit gesungenen Ballade „Touching the Moon“.
Trotz alledem, die Stimme macht’s. „I’m in Heaven“, lässt Tanja Gold-Hagel mit unbegrenzt souligem Timbre wissen und nimmt das Publikum noch mit langem Atem „On Broadway“ von George Benson mit. Norbert Botscheks geschmeidig-warmer Bluesbariton hat hingegen „New York, New York“ als Ziel. Mit „Baubles, Bangles and Beads“ punktet er noch mit einem weiteren Song aus Frank Sinatras Repertoire, bevor er mit dem „Soulman“ das Forum zum Beben bringt.
Ostalb, die Region der Talente und Patente. Wie wahr. „It’s only a papermoon“ swingt die Gold-Schülerin Anja Kammerer mit schon großer Stimme, dass es eine helle Freude ist.
Zu Beginn hatte sich Bürgermeister Volker Grab darüber gefreut, dass das „Heimspiel“ ein so großes Publikum gefunden hat. Am Ende gab’s nur Sieger. Der bescheidene Vorsitzende des Orchestervereins, Thomas Bader, durfte hoch zufrieden sein.
John Wolf